Bio 3.0-Wissen No. 18: Nutzen statt ausnutzen – Bio-Nutztierhaltung
Tiere / artgemäße Haltung
Bio-Nutztierhaltung – Wissenschaftler/innen ist es erstmals gelungen, Fleisch künstlich im Labor zu züchten. Mit dieser Methode sollen Ressourcen gespart, die Umwelt geschont und eine Alternative zur intensiven Nutztierhaltung geboten werden. Doch ist das Laborprodukt eine echte Alternative zum traditionellen „Schlacht”-Fleisch? Und überzeugen die Argumente auch die Konsument/innen?
Eine artgemäße, ökologisch und ethisch vertretbare Tierhaltung erscheint da wohl doch als deutlich bessere Voraussetzung dafür, die hohe Qualität tierischer Produkte zu garantieren und Umweltressourcen zu schonen.
Seit Jahrtausenden hält der Mensch Tiere, um Fleisch, Milch, Eier Wolle, Haut oder Arbeitsleistung leichter nutzen zu können. Ebenso lange gleicht das Nutzen aber eher einem Ausnutzen. Fair ist das nicht – Nutztiere verdanken ihr Leben zwar unserem Nutzungswunsch, sie sollten sich dafür aber im Gegenzug eine fürsorgliche Behandlung erwarten dürfen.
In der biologischen Landwirtschaft ist die tiergerechte Haltung Pflicht und in der EU-Bio-Verordnung klar geregelt. Aber wer bestimmt, was tiergerecht ist und was nicht?
Eigentlich klingt es sehr einfach: In einem tiergerechten System müssen alle Tiere ihre Verhaltensweisen normal ausleben können. Sie sind dabei gesund und fühlen sich wohl. Nachdem man Tiere aber nicht einfach nach ihrem Wohlbefinden fragen kann, braucht man eine indirekte Methode. Nutztierverhaltensforscher/innen haben durch genaues Beobachten von wildlebenden Herden und „modernen“ Nutztieren herausgefunden, dass alle die weitgehend gleichen Verhaltensweisen zeigen. Also lassen sich einige allgemeine Forderungen an eine artgemäße Haltung wissenschaftlich ableiten.
Was Tiere brauchen
Dazu zählt, dass Tiere verschiedene Verhaltensweisen an verschiedenen Orten ausleben können. Das bedeutet, dass die Gestaltung von Haltungssystemen den unterschiedlichen Ansprüchen der Nutztiere gerecht werden muss und z. B. in der Schweine- und Hühnerhaltung fürs Fressen, Ausruhen oder Ausscheiden eigene Bereiche vorgesehen werden müssen. Die Tiere müssen sich frei bewegen können, einen Auslauf ins Freie oder auch einen artgemäß gestalteten Platz zum Ruhen haben.
Tiere brauchen auch ein vielseitiges und wechselhaftes Angebot an Sinnesreizen und freie Bewegungsmöglichkeiten – ausreichend attraktive Einstreu und ein ständig begehbarer Auslauf ins Freie spielen daher eine besondere Rolle.Und nicht zuletzt müssen Nutztiere als soziale Wesen in Gruppen gehalten werden. Auch hier bilden die freie Bewegungsmöglichkeit im Stall und im Auslauf, aber auch eine naturgemäße Gruppengröße eine wichtige Voraussetzung für tierisches Wohlbefinden.
So weit so klar. Wie kommt es aber zu den zentimetergenauen Vorgaben in den Gesetzen und Richtlinien? Die exakten Grenzwerte der Bio-Bestimmungen sind wissenschaftlich fundiert. Die Grenze zwischen tiergerecht und nicht tiergerecht verläuft genau dort, wo die beobachteten Tiere ein vom Normalverhalten abweichendes Verhalten zeigen. Für Vorgaben, bei denen eine exakte Grenzziehung nicht möglich ist, müssen die Werte in einem gesellschaftlichen Prozess abgewogen werden. Als Beispiel sei die in der EU-Bio-Verordnung mit 3000 Legehennen limitierte Stallgröße genannt. Das sind sehr viel mehr Tiere, als dies einer natürlichen Hühnerfamilie mit etwa 50 Tieren entsprechen würde. Aber auch im 3000er Stall zeigen Hennen ihr Normalverhalten, der Auslauf ins Freie und auf die Weide wird bei einer attraktiven Gestaltung gut genutzt. Vorausgesetzt, die Herde wird gut betreut.
So gesehen kann man zur Bio-Nutztierhaltung festhalten, dass diese mit ihren Vorgaben und dem Kontrollsystem tiergerechte Haltung grundsätzlich garantiert. Natürlich gibt es auch hier einzelne, verbesserungswürdige Teilbereiche. Diese werden im Sinne einer ständigen Weiterentwicklung konsequent bearbeitet und Stück für Stück optimiert.
Aber zurück zum Fleisch: Wenn wir uns beim Einkauf an die Devise von Fleisch in Maßen statt in Massen halten und hochqualitatives Bio-Fleisch kaufen, sind wir jedenfalls auf der sicheren Seite, denn die Bio-Tierhaltung garantiert nicht nur beste Fleischqualität, sie bietet derzeit auch für Nutztiere die größte Garantie für eine faire, tiergerechte Haltung.
Eine artgemäße Tierhaltung gehört zu den Grundprinzipien der biologischen Landwirtschaft. In der Bio-Nutztierhaltung möchte man den artspezifischen Ansprüchen der landwirtschaftlichen Nutztiere daher so gut wie möglich gerecht werden.
Download „Nutzen statt ausnutzen“
Quelle: EU Bio-Verordnung 834/2007 und 889/2008
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